Das Recycling eines Lithium-Ionen-Akkus – ab in die Hexenküche

Das Recycling eines Lithium-Ionen-Akkus – ab in die Hexenküche

Juni 19, 2020 Akku-Allerlei 0
Lagerung in Überseecontainern

So wie zurzeit die Weichen in der Elektromobilität gestellt werden, sind irgendwann mehrere Millionen Elektroautos unterwegs. Das bedeutet aber auch, dass ebenso mehrere Millionen alte Akkupacks anfallen.

Was mir wirklich Sorgen macht, ist die Frage, wie unsere nachfolgende Generation mit dem noch nicht geklärten Recycling der Akkus umgehen wird. Denn egal ob Lithium-Ionen-Akku oder alte Blei- und Nickel-Akkus, sie alle sollten vernünftig entsorgt werden können.

Welche Probleme allerdings bei der Entsorgung und auch der Wiederverwertung der Altakkus auftreten können, erkläre ich dir im Video. Natürlich werfe ich auch einen Blick in die Glaskugel und schaue in die Zukunft des Recyclings von Lithium-Ionen-Akkus. Wenn ihr lieber das Ganze und ein bisschen mehr als Text lesen wollt, dann scrollt einfach ein wenig weiter runter.

Was passiert mit den alten Akkus? - Millionen E-Autos bedeuten Millionen alter Akkupacks

Lithium-Ionen-Akkus brauchen Zuwendung

Vor über zehn Jahren habe ich auch für meine chinesischen Partner den After-Service für ihre Fahrradakkus in Europa übernommen. Damals kamen unzählig viele Akkus aus China nach Europa, die bei verschiedenen Fahrradherstellern in neue Pedelecs eingebaut wurden.

Natürlich lief am Anfang nicht alles so rund und es gab Reklamationen oder die Akkus wurden vom Radfahrer selbst falsch behandelt. Da war es meine Aufgabe, die Fahrradhersteller in ganz Europa zu besuchen und die defekten Lithium-Ionen-Akkus zu untersuchen.

Meistens war ich im Frühjahr unterwegs, weil die E-Biker noch nicht wussten, dass ein Lithium-Ionen-Akku nicht am Fahrrad überwintern, sondern alle paar Wochen aufgeladen werden sollte.

Wenn ein Lithium-Ionen-Akku eine Weile nicht gepflegt wird, dann wird er tiefentladen und ist nicht mehr zu gebrauchen. In diesem Fall muss ein neuer Akku her, der alte Lithium-Ionen-Akku muss recycelt werden.

Wer transportiert schon gerne haufenweise alte Akkus?!

Mit großem Erschrecken habe ich bei meinen Besuchen in Holland, Italien, Portugal und auch in Deutschland gesehen, dass die Fahrradhersteller die defekten, alten und ausgedienten Akkus nicht so einfach entsorgen konnten.

Es gab noch keine Regelung über das Recycling, geschweige denn über den sicheren Transport der gebrauchten Lithium-Ionen-Akkus. Die E-Bike-Akkus gelten aufgrund ihrer Größe als 100 % Gefahrgut. Für Speditionen ist es deswegen wirklich schwer, diese abzuholen und irgendwo hinzubringen. Stell dir mal vor, irgendwo unterwegs würde ein Akku mal Feuer fangen. Im schlimmsten Fall fliegt der Laster mitten auf einer Autobahn in die Luft.

Das kann doch nicht die Lösung sein

Also fand ich auf den Geländen der E-Bike-Hersteller viele Seefrachtcontainer, die teilweise bis unters Dach mit alten Lithium-Ionen Akkus gefüllt waren, die nur auf ihre Entsorgung oder ein Recycling warteten.

Totaler Schock! Ich dachte: Wie soll das denn in ein paar Jahren aussehen?! Es kommen ja immer mehr und auch immer größere Lithium-Ionen-Akkus in den Verkehr (ja, hier ich meine ich die Elektroautos. Die Elektromobilität hat aus meiner Sicht übrigens noch ein paar andere Probleme). Sind unsere schönen neuen Elektromobile wegen der Lithium-Ionen-Akkus doch nicht so umweltfreundlich?

Wie grün sind Lithium-Ionen-Akkus überhaupt?

E-Bikes werden heute mit Lithium-Ionen-Akkus angetrieben

Seit fast 30 Jahren finden wir Lithium-Ionen-Akkus in den Geräten, die wir täglich nutzen. Früher waren es Handys und Videokameras, dann MP3-Player und später dann auch Anwendungen wie Akkuschrauber. Bei den meisten dieser Anwendungen wogen die Lithium-Ionen-Akkus nur wenige Gramm und waren viel handlicher als die älteren Blei- oder Nickel-Cadmium-Akkus.

Die Lithium-Ionen-Akkus waren außerdem leistungsfähiger als die alten Technologien und konnten deswegen die meisten Anwendungen viel länger am Laufen halten. Diese Eigenschaften haben Lithium-Ionen-Akkus natürlich auch für Fortbewegungsmittel immer interessanter gemacht. Ein Lithium-Ionen-Akku für ein E-Bike wiegt die Hälfte eines vergleichbaren Akkus einer älteren Technologie.

Die Lithium-Ionen-Akkus brachten also Hoffnung in den Straßenverkehr, klimafreundlicher (weil ohne fossile Kraftstoffe) zu fahren. Der Hype Elektromobilität startet unaufhaltsam durch.

Heute wiegen die Antriebsakkus zum Beispiel beim Tesla bis zu einer halben Tonne. Um aber auch nachhaltig umwelt- und klimafreundlich zu sein, müsste sich die Überzahl der Komponenten dieser riesigen Lithium-Ionen-Akkus wiederverwerten, also recyceln lassen. Da sind sich alle Experten einig.

Entschuldigung, hat auch mal jemand an das Recycling der Lithium-Ionen-Akkus gedacht?

Um einen Akku wieder in seine Bestandteile zerlegen zu können, muss schon bei der Produktion nicht nur Kosten, Leistung und Lebensdauer beachtet werden, sondern es sollten auch Überlegungen zum Recycling angestellt werden.

Recycling fängt bereits im Kleinen an

Leider ist es derzeit so, dass der Akku, damit er überhaupt in die neuen, coolen Autos passt und auch sicher ist, verklebt, verschweißt oder sogar vergossen wird. Es wird also überhaupt nicht daran gedacht, den Akku wieder mal öffnen zu müssen. Zumindest kann ich solche Überlegungen kaum erkennen.

Da sich diese Akkus also kaum wieder demontieren lassen, ist das heutige Recycling eher ein Verbrennen, Schreddern, Zerstören, Rösten und Einschmelzen. Das erinnert nicht nur an eine Hexenküche, es ist auch alles andere als nachhaltig und teuer ist es auch.

Das Umweltbundesamt schätzt, dass die Verwertung von alten Lithium-Ionen-Akkus bis zu 3000 Euro pro Tonne kostet. Ein Tesla Model S-Wrack zu entsorgen kostet somit 1700 Euro und das bezieht sich nur auf das Recycling des Lithium-Ionen-Akkus.

In Zukunft wird es immer mehr von diesen riesigen alten Fahrzeugakkus geben. Das Umweltbundesamt rechnet ab 2030 in Deutschland mit circa 30.000 Tonnen Altakkus pro Jahr. Immerhin gibt es inzwischen Verwerter, die 21.000 Tonnen im Jahr davon stemmen könnten.

Doch was passiert nun mit diesen ganzen alten Lithium-Ionen-Akkus? Spoiler: Sie werden auf jeden Fall nicht zu neuen Akkus recycelt.

Wie werden alte Lithium-Ionen-Akkus heute entsorgt?

Die derzeitigen Verwerter stehen vor großen Problemen. Manche Akkus haben ja noch eine Restkapazität und stehen noch unter Druck. Da fehlen meistens die Informationen der Lade-/ Entladezyklen oder auch, wie der Akku im Inneren aufgebaut ist. Also muss der Akku erst noch mal entladen werden, bevor man ihn von Hand zerlegen kann.

Das Gehäuse zu öffnen ist relativ einfach. Kabel, Elektronik und Isolation, die können schnell entnommen und teilweise sogar wieder gut getrennt werden.

Der Verwerter steht nun aber vor verklebten und verschweißten Module, die ja auch wieder von Hand irgendwie getrennt werden müssen. Das ist aber noch leicht im Gegensatz zur Demontage der Modulen selbst oder wenn es dann mal um die eigentlichen Zellen geht. Denn der Elektrolyt im Inneren von Lithium-Ionen-Akku darf nicht ungefiltert austreten, weil er fluorhaltig, brennbar und giftig ist.

Verfahren 1: Dem Akku wird mächtig eingeheizt

Es gibt jetzt hauptsächlich zwei Varianten, wie die Module unter Luftabschluss zerstört werden, zum Beispiel Einschmelzen. Da gibt es die Pyrometallurgie, bei der die Akkus bei 1500 °C eingeschmolzen werden.

Übrig bleiben dabei Kobalt, Nickel und Kupfer, die, wenn sie dann noch getrennt werden, sortenrein verkauft werden können. Und dann bleibt noch eine amorphe schwarze Masse über. Diese beinhaltet Lithium und ein paar seltene Erden.

Das Lithium könnte man zwar noch extrahieren, da lohnt sich aber der Aufwand rein finanziell nicht. Daher findet sich dann diese Asche bei der Zementherstellung oder im Straßenbau wieder.

Schon gewusst? So werden die Überreste der Akkus verarbeitet

Verfahren 2: Der Akku wird in seine Bestandteile zerlegt

Die Alternative zum Einschmelzen ist die Hydrometallurgie, das Schreddern. Das passiert auch unter Luftabschluss und die Brocken werden mechanisch oder magnetisch getrennt. Ätzende Flüssigkeiten kümmern sich dann noch um die nicht brauchbaren Metalle und lösen diese auf. Beim Schreddern kann dann – ja das sagt man tatsächlich so – der Elektrolyt, das Lithium und Graphit aufgesammelt werden.

So richtig super sind die beiden Varianten aber nicht, denn die Bestandteile, die dabei gewonnen werden, können ja nicht wieder in neue Batterien eingesetzt werden.

Ein Second-Life für Akkus

Als Alternative für das Recycling der Lithium-Ionen-Akkus ist immer wieder eine Zweitverwertung, also ein „Second-Life“ im Gespräch. Da gibt es natürlich auch so einige Ideen, an denen geforscht wird, die aber noch nicht auf breiter Front eingesetzt werden.

Idee 1: Komponentenaustausch

Eine Idee ist, dass die Komponenten, die die Leistung eines Antriebsakkus nach unten ziehen, einfach repariert oder ausgetauscht werden. Denn der Akku ist nur so gut wie die schlechteste Zelle. Mit dieser Methode könnten die brauchbaren Teile des Akkus länger genutzt werden.

Idee 2: Verwendung als Speicher

Eine andere Idee ist, Akkus aus Autos, die für den Antrieb nicht mehr die volle Leistung bringen können, zum Beispiel für Fotovoltaikanlagen als stationäre Speicher zu verwenden.

Das geht grundsätzlich. Da es aber verschiedene Autohersteller gibt und somit auch viele unterschiedliche Akkus, wird eine Standardisierung echt sehr schwer. Ich würde mir übrigens auch zweimal überlegen, ob ich mir einen gebrauchten Akku, der ja immerhin auch noch eine Stange Geld kostet, in den Keller stellen würde.

Ihr seht schon, das ganze hat einen Haken: Am Ende des Tages erreichen auch Akkus das Ende ihres zweiten Lebens und sind nicht mehr zu gebrauchen.

Das Second-Life zögert also die endgültige Entsorgung der Akkus nur heraus. Und wir dann wieder vor Problem mit dem Recycling, das Stand jetzt für Lithium-Ionen-Akkus nicht gelöst ist.

Wo die Reise beim Akku-Recycling hingeht

Optimal wäre es, Komponenten wie Lithium, Mangan, Kobalt und Nickel wieder so aufzubereiten, dass sie für neue Lithium-Ionen-Akkus genutzt werden können. Die freigesetzten Partikel müssten dafür eine längere Zeit in einer Reaktionsflüssigkeit liegen, bis sie die gewünschte Korngröße wieder erreicht haben und sich qualitativ wieder für die Herstellung von Akkus eignen.

Überall auf der Welt arbeiten Forscherteams daran, Lösungen für das Recycling der alten Lithium-Ionen-Akkus zu finden und immer wieder gibt es Meldungen über Durchbrüche. Grundsätzlich ist es also möglich. Zu Bedenken ist grundsätzlich auch, wie viel Energie für die Aufbereitung der Aktivmaterialien von Akkus notwendig ist.

Ich hoffe, dass wir schnellstmöglich eine Recycling-Möglichkeit finden, die sich gut industriell einsetzen lässt. Dann müssten wir uns auch weniger Sorgen um die Rohstoffgewinnung an sich machen, bei der zum Beispiel in Chile enorme Wassermengen verdunstet werden, um an das Lithium ranzukommen.

Der erste Schritt wäre aber auch schon getan, wenn die Hersteller der großen Akkus schon mal darauf achten, dass die Demontage der Halbtonner einfacher wird.

Ich achte bei meinen Projekten für meine Kunden auch schon bei der Entwicklung darauf, dass die Materialien möglichst umweltschonend und leicht zu entsorgen sind. Melde dich doch einfach mal bei mir, wenn du auch daran interessiert bist, schon bei der Produktentwicklung auch ans richtige Entsorgen zu denken ;). Schreibe mir gerne einfach per Whatsapp oder per E-Mail oder ruf mich einfach an.

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