Selbstentladung von Lithium-Ionen bei Lagerung – ein Selbstversuch.

Selbstentladung von Lithium-Ionen bei Lagerung – ein Selbstversuch.

April 1, 2022 Projektgeschichten 0
Ein Akku ist an ein Ladegerät angeschlossen. Links auf dem Display: Cap: 97 % Cap 98 %, rechts Cap 96 %.

Eine Tiefentladung durch Selbstentladung ist bei Lithium-Ionen-Akkus und Lithium-Polymer Akkus immer ein wichtiges Thema. Denn wenn man bei einer längeren Lagerung nicht gut genug auf seine Akkus achtet, könnten schnell mal ein paar Hundert wenn nicht sogar Tausende Euros dahin sein!

Das muss aber überhaupt nicht sein. Lithium-Ionen-Akkus danken es einem, wenn man sich gut um sie kümmert, immer mal wieder nach ihnen schaut und bei Bedarf auch ein bisschen den Bauch streichelt, also pflegt.

Wie man neue Lithium-Akkus richtig lagert und gegebenenfalls pflegt, habe ich vor Kurzem selbst testen dürfen – gezwungenermaßen! Ich musste für ein Kundenprojekt einen ganzen Haufen Akkus länger einlagern als erwartet. Wie es dazu gekommen ist, wie lange die Akkus am Ende tatsächlich rumlagen, wie sie die lange Lagerzeit weggesteckt haben und was das über die Qualität der Akkus aussagt, erfahrt ihr in meinem neuen Video. Weiter unten findet ihr alles auch wieder in Textform.

Kurze Lagerzeiten: Unkritisch bei der Selbstentladung

Ich bin hauptsächlich dafür verantwortlich, für unsere Kunden spezielle Akkus und Batterien zu entwickeln und zu liefern. 2016 habe ich zum Beispiel einen neuen Lithium-Polymer-Akku für die Ultraschall-Messgeräte eines Kunden entwickelt und verkauft.

Meistens hat er mir einen Rahmenauftrag über mehrere Hundert Stück geschickt und über maximal ein Jahr immer wieder mal kurzfristig fünfzig Stück abgerufen. Das hat für ihn den Vorteil, dass er keine direkten Lagerkosten hat und sich nicht um die interne Logistik kümmern muss.

Außerdem hat er keine versicherungstechnischen Herausforderungen mit der Lagerung von gefährlichen und brennbaren Akkus. In der Regel lagen die Akkus bei mir so 6 bis 9 Monate auf Lager, bevor sie abgerufen wurden. Mit einer hohen Selbstentladung oder sogar Tiefentladung hatten wir in diesem Zeitraum keine Probleme.

Das entspricht auch der Faustregel, die besagt, dass Standard-Akkus, die keinen zu geringen Innenwiderstand haben, eine ziemlich gesicherte Lagerzeit von 9–12 Monaten haben. Das steht übrigens auch im Datenblatt des Herstellers der Zellen: „Date of Minimum Durability: one year after shipment in the standard storage condition.“

Datenblatt einer Akkuzelle. Markiert ist die Stelle: Date of Minimum Durability: Date of Minimum Durability: one year after shipment.
Hier steht es schwarz auf weiß: Unter den angegebenen Lagerbedingungen sollte eine Lagerzeit von einem Jahr kein Problem sein. Was bei einer längeren Lagerdauer passiert? Wir werden sehen… 😉

Wichtig ist, dass wir hier von neuen, frisch produzierten Lithium-Polymer-Akkus sprechen. Und bevor die abgerufenen Akkus unser Haus verlassen haben, haben wir noch mal einen Blick auf die aktuelle Spannung geworfen und die war immer im grünen Bereich.

Die unvorhergesehene Virus-Situation

Auch Ende 2019 hat der Kunde bei mir einen neuen Rahmenvertrag angefragt und wir haben die Konditionen und den Preis besprochen. Kurze Zeit später kam dann auch die Bestellung über eintausend Akkus rein und wir haben die Produktion bei meinem Partner in China gestartet. So weit alles ganz normal.

Die 1000 Akkus waren in der elften Kalenderwoche 2020 fertig und wurden per Luftfracht in mein Lager gesendet. Perfekt, der Umsatz für das nächste halbe, dreiviertel Jahr war gesichert. Ihr ahnt schon, was dann kam… Auftritt: das Coronavirus! Den Trommelwirbel können wir uns in dem Fall getrost sparen…

Mit dem Virus kam der Einbruch des Geschäftes bei meinem Kunden. Kurzarbeit bei seinem Kunden, Homeoffice, das ganze Chaos eben. Nach einem halben Jahr wurden gerade mal fünfzig Akkus abgerufen, nach einem Jahr waren es zweihundert.

Da wurde ich auch ein bisschen unruhig. Zum einen, weil mir der Umsatz fehlte, die Akkus waren ja bei meinem Lieferanten längst bezahlt. Ich wusste auch, dass die Akkus nicht besser werden, wenn sie so lange bei mir im Lager rumliegen.

Selbstentladung nach 2 Jahren? Fehlanzeige?!

In dieser Situation musste ich mit meinem Kunden in eine Verhandlung darüber gehen, was mit den Akkus geschehen soll. Wir sind uns schnell einig geworden, dass der Rahmenvertrag auf insgesamt 24 Monate verlängert wird und dass ich die Akkus alle zwei bis drei Monate überprüfe und gegebenenfalls pflege, also nachladen werde.

Dafür haben wir natürlich eine Gebühr vereinbart, denn das Auspacken, Handling, Nachladen, Sichtprüfen, Dokumentieren, Wieder-Einpacken und Einlagern kostet natürlich Zeit.

Übrigens steht auch im Datenblatt des Akkus, wie so eine Akkupflege gemacht werden sollte:
“Charge the battery within two months after received, and charge the battery to about 50% SOC each six months during a long-term storage.” 

Datenblatt einer Akkuzelle. Markiert ist die Stelle: Charge the battery within two months after reveived and charge the battery to about 50 % SOC each six months during a long-term storage.
Für eine lange Lagerdauer sollten die Zellen alle 6 Monate auf 50 % aufgeladen werden.

Klar, das deutet an, dass die Akkus auch längere Zeit gelagert werden können. Das Datenblatt bezieht sich allerdings auf die Einzelzelle und nicht auf den Akkupack! Der Akkupack besteht in diesem Fall aus drei Zellen mit einer Schutz-Elektronik, die ja auch einen Kriechstrom zieht.

Wir wussten also überhaupt nicht, wie sich der Akku verhalten würde, auch wenn wir auf die Raumtemperatur, Luftfeuchtigkeit und den Luftdruck achten.

Und so vergingen die Monate. Ab und zu wurden Akkus abgerufen und ich habe die Akkus regelmäßig geprüft, wie abgemacht. Ich war selbst ein bisschen verblüfft, dass ich nicht einmal das Ladegerät aktivieren musste, um die Akkus nachzuladen. Die Spannung der Akkus blieb immer schön konstant. 

Jetzt, nach ziemlich genau zwei Jahren, kam der letzte Abruf der Akkus. 50 Stück lagen im März 2022 noch bei mir im Lager. Alle 50 Stück habe ich geprüft und alle hatten eine Spannung von 3,77 V. Mega! Vor zwei Jahren hatten die Akkus noch um die 3,8 V. Also kaum Verluste.

Die Akku-Probe aufs Exempel

Aber sind die Akkus auch wirklich noch zu gebrauchen?

Nach Rücksprache mit meinem Kunden, der möchte natürlich auch wissen, ob er die Akkus noch als Neuware in seine Geräte verbauen kann, habe ich einen Akku ans Analyse-Gerät gesetzt und mal ein paar Tests gemacht.

Ein Akku ist an ein Ladegerät angeschlossen. Links auf dem Display: Cap: 97 % Cap 98 %, rechts Cap 96 %.
Hier sieht alles gut aus!

Der Innenwiderstand war schon mal top. Auch eine erste Kapazitätsprüfung mit Lade- und Entladestrom, wie sie beim Kunden im Einsatz sind, sah sehr gut aus. Bei der zweiten Kapazitätsprüfung mit höheren Lade- und Entladeströmen war auch alles im grünen Bereich.

Ich habe bei den Tests absolut nichts gefunden, das irgendwie darauf hindeutet, dass mit den Akkus irgendetwas nicht in Ordnung ist. Theoretisch könnte es sein, dass durch das lange Einlagern im Einsatz die kalendarische Haltbarkeit und auch die Zyklenfestigkeit nicht ganz so hoch ist. Aber immer noch besser, als die Akkus wegzuwerfen. Die Akkus aus der Charge, die wir in 2020 ausgeliefert haben, funktionieren in den Geräten immer noch einwandfrei. Es gab bis jetzt keine Reklamation.

Bei Akkus auf Qualität setzen

Apropos Reklamation.

Mit den Lithium-Polymer-Akkus von meinem Partner in China hatte ich bislang eine sehr überschaubare Reklamationsrate. Genau genommen liegt diese bei 0,0 Prozent. Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen! Ich predige immer „achtet auf die Qualität”, wenn ihr etwas aus Fernost importiert. Es wird einfach so viel Kram im Internet angeboten. Häufig sieht man es auch gleich schon am Preis, dass die Qualität nicht ganz so gut sein kann. 

Klar, meine Akkus sind ein bisschen teurer als die Standard-Ware, aber letztendlich kann man sich darauf verlassen. Das beweist die Reklamationsrate und auch die Lagerfähigkeit der Akkus spricht dafür. Immerhin lagen die zwei Jahre lang bei mir rum und haben es mir nicht übel genommen!

Der Grund für die bessere Qualität ist an sich ganz einfach. Ich achte darauf, dass meine Lieferanten mindestens eine halbautomatische Fertigung haben. Reine Handarbeit bringt keine gleichbleibende Qualität.

Außerdem habe ich mich persönlich von den internen Prozessen und Tests überzeugen lassen. Jeder Akku, der an mich geliefert wird, bekommt einen eigenen Test, wenn er vom Band kommt. Auch die Fertigung in einem Reinraum ist wichtig, denn kleine Staubeinschlüsse in einer Zelle führen dazu, dass der Akku eben nicht so stabil ist.

Wenn dich das Thema Akkulösungen für dein Produkt, egal ob Messgerät, Steuerung oder was auch immer interessiert, dann kontaktiere mich am besten gleich (Mail: info@accundu.de; Tel. 07151 959 30 22). Wir finden den auf jeden Fall den perfekten Akku für dein Produkt!


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