Lithium-Eisenphosphat-Akkus – wie sieht es mit Vor – und Nachteilen der Akkus aus?

Lithium-Eisenphosphat-Akkus – wie sieht es mit Vor – und Nachteilen der Akkus aus?

August 16, 2020 Akku-Wissen 0
Photovoltaikanlagen auf einem Hausdach

Lithium-Eisenphosphat, Kobaltoxid, Mangan oder Nickel? – Oft werde ich gefragt, wie es mit den Vorteilen und Nachteilen der unterschiedlichen Zellchemien aussieht und wie man nun den optimalen Akku auswählt.

Im Prinzip läuft das ähnlich ab wie die Partnersuche im echten Leben. Es geht darum, das perfekte Match (hier aus Energiespeicher und Anwendung) für einen spezifischen Fall zu finden. 😉

In diesem Beitrag bin ich als Amor für Lithium- Eisenphosphat-Akkus unterwegs und gehe auf ihre Vor- und Nachteile ein. Wie bei der Partnerwahl gilt allerdings auch hier, die vermeintlichen Vorzüge und Schwächen des einen fallen für jeden anderen – in diesem Fall die Anwendungen –  unterschiedlich ins Gewicht.

Ein paar nackte Tatsachen zu Lithium-Eisenphosphat-Akkus und den großen Nachteil erkläre ich euch in meinem Video. Für alle, die lieber lesen möchten, gibt es alles Wichtige zu den Lithium-Eisenphosphat-Akkus in Textform.

Technische Eckdaten von Lithium-Eisenphosphat-Akkus | kurz & knapp

Ein paar Oberflächlichkeiten zum Lithium-Eisenphosphat-Akku

Selbstverständlich sind es die Charaktereigenschaften, die auch bei dieser Partnerwahl eine wichtige Rolle spielen, aber vor einem näheren Kennenlernen geht es ja zunächst mal um die Sympathie auf den ersten Blick, für die ein paar oberflächliche Details nicht schaden können.

Familiärer Hintergrund: Der Lithium-Eisenphosphat-Akku (LiFePO4), auch LEP und LFP genannt, gehört zu dem Oberbegriff Lithium-Ionen, besteht an der positiven Elektrode allerdings aus Eisenphosphat, anstatt wie in vielen Anwendungen zu finden aus Kobaltoxid.

Alter: Die erste Eisenphosphat-Zelle wurde Ende der 1990-er Jahre entwickelt und gehört damit zu den Vertretern der Lithium-Ionen-Familie im mittleren Alter.

Aussehen: Eisenphosphat-Zellen gibt es als zylindrische Rundzellen, die in ummantelnde Stahlbecher gepackt werden. Besonders häufig sind diese in den Bauformen 18650 und 26650 am Markt zu finden. Aus der Typenbezeichnung lässt sich die genaue Größe des Akkus ablesen, so hat ein 18650-Akku einen Durchmesser von 18 mm und ist 65 mm lang.

Sind weniger Kurven gefragt, gibt es Lithium-Eisenphosphat-Zellen auch als flache, in Aluminiumfolie verschweißte Pouchzellen oder als prismatische Zellen, die in festen Gehäusen unterschiedlichster Größe untergebracht werden. Diese Quaderzellen haben an der Oberseite Schraubanschlüsse und sind zum Beispiel in Bussen, in U-Booten, bei der Marine oder auch in stationären Speicheranlagen zu finden, da in diesen Quadern eine Menge Energie für die Anwendungen sitzen kann.

Spannungsbereich: Die nominale Spannung von Eisenphosphat-Zellen liegt bei 3,2 bis 3,3 Volt und ist damit geringer als die anderer Lithium-Ionen-Akkus. Die Ladeschluss-Spannung ist bei 3,65 Volt angesetzt und es gibt LFP-Zellen die bis 2,0 Volt entladen werden können. Durchschnittlich liegt das Limit der Entladung aber bei 2 bis 2,5 Volt.

Genug der Fakten, werfen wir doch mal einen genaueren Blick auf den Charakter einer Lithium-Eisenphosphat-Zelle, schließlich zählen die inneren Werte. Besonders anschaulich wurden mir die Vorteile eines solchen Akkus vor ein paar Jahren selbst vorgeführt. 

Der große Knall – eindrucksvolle Demonstration der Vorzüge eines Akkus mit Eisenphosphat 

Schon mehrmals war ich in Taiwan unterwegs, um mir in einem großen Werk die Akku-Produktion, die Prozesse, die Endprüfungen und natürlich auch die Zellen ganz genau anzuschauen. Vor circa zehn Jahren besuchte ich eine Produktionsstätte von 18650-er Zellen und was macht dort der Mitarbeiter aus der technischen Entwicklung? Er nimmt eine vollgeladene Einzelzelle in die linke Hand, einen Akkuschrauber mit einer SPAX-Schraube in die rechte Hand und bohrt mit dem Schrauber die SPAX in die Zelle. Das Ganze direkt vor meinen Augen im Besprechungsraum.

So ähnlich sah auch meine Zelle in Taiwan aus, bevor sie von einer SPAX durchbohrt wurde.
Bild: Vladimir022009 / CC BY-SA 3.0

Der Versuch meinerseits, so schnell wie möglich Bodenkontakt zu bekommen, um der Explosion nur halbwegs zu entkommen, erinnerte mich an meine Zeit bei der Bundeswehr, als mein Unteroffizier mir das Wort „Stellung“ ins Ohr brüllte.

Aber es passierte nichts, keine Explosion, kein Brand, die Zelle wurde nur extrem heiß, als sie dann auf dem Boden lag – gepierct mit einer SPAX. Eindrucksvoller hätten man mir den Vorteil eines Lithium-Eisenphosphat-Akkus, die scheinbar grenzenlose Robustheit, kaum demonstrieren können.

Vorteile eines Lithium-Eisenphosphat-Akkus auf einen Blick

Hohe Sicherheit: Robust sind sie wohl, die Akkus aus Lithium-Eisenphosphat, denn obwohl sie auch mit Lithium und brennbarem Elektrolyt befüllt sind, stecken sie hohe Temperaturen, Überladen, Kurzschlüsse und mechanische Beschädigungen deutlich besser weg.

Die Gefahr der Überhitzung einer Zelle, die bei genau solchen Ereignissen entsteht und die zu einem sich selbst verstärkenden, Wärme produzierenden Prozess (thermisches Durchgehen) führen kann, ist bei Lithium-Eisenphosphat-Zellen deutlich geringer.

Wird in der Zelle, wie in Taiwan eindrucksvoll demonstriert, die Trennschicht im Inneren durchstoßen, wird kein Sauerstoff freigesetzt, der Überhitzungen und Zündungen begünstigen würde. Das ist doch mal ein wirklich großer Vorteil und andere Lithium-Ionen Akkus sind hier klar im Nachteil.

ABER: Gänzlich ungefährlich sind sie nicht, denn auch Lithium-Eisenphosphat-Akkus werden, wie alle Lithiumzellen, bei einer Kapazität über 100 Wh, als Gefahrgut der Klasse 9 beim Transport im Flugzeug eingestuft. Nur die Kathode eines Lithium-Eisenphosphat-Akkus ist weniger brennbar als die Kathoden anderer Lithium-Ionen-Akkus. Bei der Entflammbarkeit des Elektrolyts oder der Anode gibt es keine wesentlichen Unterschiede in Bezug auf die Brennbarkeit.

Allerdings schlagen sich die Kosten für die nötige Verpackung für einen Gefahrgutversand und die Versendung an sich in höheren Einmalkosten für solche Akkus nieder, sodass sie in Bezug auf die Transportkosten einen Nachteil im Vergleich zu gewöhnlichen Bleiakkus haben.

Im Elektroauto Coda der gleichnamigen Firma wurde eine 36 kWh-Lithium-Eisen-Phosphat-Batterie verbaut. Das ehrgeizige Ziel, Autos für den Massenmarkt herzustellen, erreichte das Unternehmen nicht.
Bild: CFlo Photography / CC BY-SA 2.0

Nun aber zu den weiteren Vorteilen:

Hohe und stabile (Ent-)ladeströme: Die hohen möglichen Entladeströme lassen Lithium-Eisenphosphat-Akkus besonders für stromhungrige Anwendungen mit hohen Spitzenströmen vorteilhaft erscheinen. Zudem weisen die Akkus kurze Ladezeiten auf.

Hohe Zyklenfestigkeit (Lange Lebensdauer): Besonders langlebig sind die Akkus mit Lithium-Eisenphosphat zudem auch noch, denn mit jedem Laden und Entladen eines Akkus verliert er ein klein wenig seiner ursprünglichen Kapazität. Nach 10.000 Ladezyklen weisen Lithium-Eisenphosphat-Akkus allerdings immer noch eine Restkapazität von über 75ì% auf und sind damit besonders zyklenfest.

Breite Temperaturbereiche: Die Temperaturbereiche sind größer, das heißt, dass die LFP- Zellen bei tieferen und auch bei höheren Temperaturen als die Klassiker betrieben werden können. Auch was die Lagertemperatur angeht, sind sie unempfindlicher.

Ökologische Alternative: In einem Lithium-Eisenphosphat-Akku stecken keine giftigen Schwermetalle wie Nickel, Kadmium und Kobalt, und auch wenn in Europa verwendetes Kobalt nicht unbedingt aus dem Kongo stammt, sorgen gerade die dortigen fragwürdigen Abbaubedingungen regelmäßig für Schlagzeilen.

Gerade beim Recycling punktet der Lithium-Eisenphosphat-Akku im Vergleich zu anderen Materialkombinationen, denn alle verwendeten Metalle können bis zu 100 % recycelt werden. Auch die Elektrodenmaterialien und der Polymerseperator lassen sich zu über 90 % wiederaufbereiten. Lediglich bei den sonstigen Materialien wie beim Elektrolyt ist kein Recycling mehr möglich.

Der „große“ Nachteil von Lithium-Eisenphosphat ist nicht für jede Anwendung ein KO-Kriterium

Bis heute ist der ganz große erhoffte Durchbruch dieser Technologie ausgeblieben. Woran das liegt? Ganz einfach, gegenüber klassischen Lithium-Ionen-Akkus haben Lithium-Eisenphosphat Akkus den Nachteil einer deutlich geringeren Energiedichte. Das bedeutet, um dieselbe gewohnte Leistung zu erreichen, braucht man deutlich mehr Zellen und damit steigt auch der Preis.

Bei einem klassischen Lithium-Ionen-Akku liegt die Energiedichte bei rund 180 Wh/kg, die eines Lithium-Eisenphosphat-Akkus lediglich bei 90 bis 110 Wh/kg.

Bei Solaranlagen sind Lithium-Eisenphosphat-Akkus häufig zu finden.

Denken wir zurück an das Eingangsbeispiel der Partnerwahl, ein LFP-Akku ist aufgrund seines Preises, der Energiedichte und des Platzbedarfs vielleicht nicht für jeden mobilen Einsatz der optimale Partner, aber bei einer ganzen Reihe von Anwendungen sind weniger die Nachteile, sondern seine Vorteile entscheidend. Die Zellen kommen daher häufig im Boden, bei Solaranlagen und aufgrund der hohen Spitzenströme auch als Starterbatterien zum Beispiel bei schweren Motorrädern zum Einsatz.

Ob nun auch für deine Anwendung ein Lithium-Eisenphosphat-Akku der optimale Partner ist, können wir gerne beim Durchsprechen der Vor- und Nachteile für dich klären. Ruf mich dazu einfach an (07151 959 30 22), schreibe mir eine Mail (info@accundu.de) oder melde dich über Whatsapp.

PS: Wenn du erfahren willst, wenn ich beispielsweise eine andere Zellchemie näher unter die Lupe nehme, melde dich einfach unten zu meinem Newsletter an.

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