Warum dein Li-Ionen-Akku tiefentladen ist und was jetzt zu tun ist.

Warum dein Li-Ionen-Akku tiefentladen ist und was jetzt zu tun ist.

Oktober 16, 2020 Akku-Wissen 0
Leere Batterie mit drei Fragezeichen vor grünem Hintergrund

Vielleicht kennst du das auch: Ein Lithium-Ionen-Akku, der vielleicht gar nicht so alt ist, funktioniert einfach nicht mehr. Er ist einfach tot und lässt sich auch nicht mehr laden.

Es ist gut möglich, dass dieser Akku tiefentladen ist. Es gibt aber auch andere Gründe, warum sich ein Lithium-Ionen-Akku nicht mehr aufladen lässt. Manchmal lässt sich so ein Akku, der scheinbar in der Tiefentladung steckt, sogar noch retten.

Heute möchte ich den Ursachen auf den Grund gehen, warum ein Lithium-Ionen-Akku einfach nicht mehr laden möchte. Wie immer erzähle ich euch alles in einem Video und wie immer gibt es weiter unten alles auch noch in Textform.  

Die Ursache, warum dein Li-Ionen-Akku in die Tiefentladung gegangen ist und was ich jetzt empfehle!

Fall: Defekter Akku. Die Verdächtigen: Tiefentladung und Schutzmechanismus.

Ich bin seit fast 15 Jahren in der Akku- und Batterie-Welt unterwegs und entwickle spezielle Akku- und Batterielösungen für meine Kunden. Ich bekomme aber auch wahnsinnig viele Hilferufe, weil ein Akku nicht mehr so funktioniert, wie er soll.

Meistens werde ich um Hilfestellung gefragt, wenn ein Akku nicht mehr funktioniert und sich auch nicht mehr laden lässt. Klar, es ist nicht einfach, eine Ferndiagnose zu stellen, aber ich versuche natürlich immer herauszufinden, was mit dem Akku los ist und ob man ihn noch retten kann.

Als Erstes stelle ich deswegen immer die Frage: Wie sieht denn die aktuelle Spannung eigentlich aus? Ist eine sogenannte Leerlaufspannung an den Steckern oder Pins des Akkupacks vorhanden?

Wenn dort nämlich überhaupt keine Spannung anliegt, ist mit vielen Ladegeräten ein Aufladen überhaupt nicht möglich.

Nehmen wir zum Beispiel ein E-Bike. Sobald der Akku an das Ladegerät angeschlossen wird, fragt das Ladegerät immer die aktuelle Leerlaufspannung des Akkus an. Vor dem eigentlichen Laden prüft das Ladegerät so, ob die Spannung in einem bestimmten Bereich liegt. Damit wird sichergestellt, dass a) der richtige Akku angeschlossen ist und b) der Akku noch gesund ist.

Ziemlich clever so ein Ladegerät, oder? 😉

Erst letzte Woche hatte ich genau so einen Fall bei einem meiner Kunden. Ein 24-Volt-Akku ließ sich nicht laden, obwohl das richtige Ladegerät angeschlossen war. Wir haben die Leerlaufspannung überprüft und die lag bei 0 Volt.

Das Ladegerät – clever wie es ist – hat da natürlich gar nicht erst angefangen, zu laden, sondern den Akku entweder nicht erkannt oder direkt als defekt eingestuft.

Wie kann es nun aber sein, dass ein Akku nur noch eine Spannung von 0 Volt hat? Ich präsentiere die zwei Hauptverdächtigen: 1. Die Schutzschaltung ist angesprungen und hat in den Sicherheitsmodus geschaltet oder 2. Der Akku ist tiefentladen.

Batteriebegriffe kurz & knapp

Schutzschaltung

Die Schutzschaltung schützt die einzelnen Zellen eines Lithium-Ionen-Akkupacks vor Überladung, Tiefentladung, zu hohen Stromentnahmen und Kurzschlüssen, indem es die Zellen elektronisch vom Verbraucher trennt. Sogenannte Batterie-Management-Systeme erfassen darüber hinaus noch Daten wie den Ladestand, die Temperatur der Zellen und mehr.

Tiefentladung

Ein Akku ist tiefentladen, wenn seine Spannung unter einen bestimmten Grenzwert, die sogenannte Entladeschlussspannung gefallen ist. Diese Entladeschlussspannung gibt an, ab wann eine Batterie oder ein Akku keine Energie mehr liefern kann, um die jeweilige Anwendung anzutreiben. Wird ein Akku bis unter die Entladeschlusspannung entladen, ist er tiefentladen. Das kann die Lebensdauer eines Akkus stark verringern und dazu führen, dass der Akku überhaupt nicht mehr aufgeladen werden kann.

Schutzschaltung freischalten und Akkupack retten.

Was habe ich nun gemacht, um die Ursache herauszufinden? Ich habe das Gehäuse des Akkus aufgeschraubt und die Spannung der einzelnen Zellen geprüft. Alle waren im Bereich von 3,6 Volt, also vollkommen in Ordnung und vor allem nicht tiefentladen.

Nun konnte ich davon ausgehen, dass das Batteriemanagement in den Schutzmodus geschaltet hat und die Zellen deswegen nicht mehr mit dem Stecker des Akkupacks verbunden waren. Das kann zum Beispiel passieren, wenn es einen externen Kurzschluss gab oder ein viel zu hoher Strom an den Akku angelegt wurde.

Ich habe ein herkömmliches Labornetzteil eingesetzt, um das Batterie-Management-System wieder freizuschalten. Dazu habe ich die Ladeschlussspannung und einen kleinen Strom am Netzteil eingestellt und die Prüfspitzen für ein paar Sekunden an den Ladestecker gehalten.

Sofort hat sich auf der der Anzeige des Netzteils die Spannung des Akkus verändert und der Strom ist geflossen. Das war schon einmal ein gutes Zeichen.

Anschließend habe ich die Spannung am Akku noch einmal gemessen und siehe da, der Akku war wieder voll einsatzfähig. Perfekt!

So ein Labornetzteil ist einfach nicht so intelligent wie das Original-Ladegerät des Akkupacks und hat deswegen das Laden zugelassen. So konnte ich den Schutzmechanismus der Schutzschaltung deaktivieren und den Akkupack retten.

Der Ernstfall: ein tiefentladener Akku.

Dass Lithium-Ionen-Akkus tatsächlich tiefentladen sind, höre ich allerdings viel, viel häufiger. Ich hatte hier im Blog auch schon einmal einen Fall, bei dem ich versucht habe, einen defekten E-Bike-Akku wieder in Schuss zu bringen. Spoiler: Ich konnte leider nicht viel tun, weil die Zellen tiefentladen waren.

Eine solche Tiefentladung kann verschiedene Gründe haben. Zum Beispiel kann etwas mit der Elektronik des Gerätes nicht stimmen. Normalerweise steuert die Schutzschaltung oder ein Batterie-Management-System (BMS), bis zu welcher Spannung ein Akku geladen oder entladen werden kann. Fehlt diese Elektronik oder ist sie defekt, kann es passieren, dass der Akku bis unter die Entladeschlussspannung entladen wird und damit in die Tiefentladung rutscht.

Die Elektronik entnimmt dem Akku aber auch dauerhaft schwache Kriechströme. Auf diese Weise landen Akkus langsam, aber sicher in der Tiefentladung. Lithium-Ionen-Akkus entladen sich außerdem langsam von selbst und zwar selbst dann, wenn das jeweilige Gerät ausgeschaltet ist oder der Akku ausgebaut wurde. Das ist bei der Lithium-Ionen-Technologie normal und kann auch nicht verhindert werden.

Wenn Akku eine längere Zeit nicht genutzt und vor allem geladen wird, kann es also gut sein, dass er tiefentladen ist. Von diesem Phänomen höre ich meistens im Frühjahr, wenn die E-Bikes wieder aus dem Keller geholt werden und der Akku über den Winter nicht geladen wurde. Ein paar Monate können schon ausreichen und der Akku hat sich selbst leer gesaugt.

Mein Akku lässt sich nicht mehr laden, was tun?

Was ist nun also zu tun, wenn sich ein Lithium-Ionen-Akku nicht mehr laden lässt?

Zunächst sollte die Zellspannung überprüft werden. Liegt die Spannung der einzelnen Zellen noch zwischen 2,5 und 4,2 Volt, dann kann es sein, dass sich das Batteriemanagement mit der oben beschriebenen Methode wieder freischalten lässt. Die Zellen an sich sind ja noch fit.

Messung der Spannung der Einzelzellen am Stecker vor dem Batterie Management System. Das Messgerät zeigt nur wenige Millivolt an.
Hier messe ich mit einem Multimeter die Spannung einer Zelle von einem E-Bike-Akkupack. Mist! Diese Zelle ist tiefentladen.

Liegt die Zellspannung allerdings unter 2,5 Volt, solltest du den Akku entsorgen und durch einen Neuen ersetzen. Es ist zwar technisch möglich, Lithium-Ionen-Akkus wiederzubeleben, ein solcher „Zombie-Akku“ ist aber instabil, brandgefährlich und damit ein echtes Sicherheitsrisiko. In meinem Blogbeitrag zum Wiederbeleben von Lithium-Ionen-Akkus erkläre ich, was dabei in der Zelle passiert und warum du unbedingt die Finger davonlassen solltest.

Wichtig: Bitte sei vorsichtig, wenn du deinen Akkupack untersuchst. Die Zellen und die Elektronik sind empfindlich und unsachgemäßer Umgang kann zu Schäden führen.

Damit sich niemand über tiefentladene Akkus ärgern muss.

Tiefentladene Akkus sind ärgerlich. Wenn das Elektrowerkzeug an genau dem Tag nicht funktioniert, an dem man sich vorgenommen hat, diese eine Heimwerkerarbeit anzugehen, ist das sehr demotivierend. Und natürlich ist es schade, wenn das E-Bike streikt und man die geplante Fahrradtour am sonnigen Wochenende absagen muss. Je nach Gerät kann es auch ziemlich teuer werden, einen defekten Akku zu ersetzen.

Rotes Icon einer Checkliste

Wenn ihr jetzt meinen Newsletter abonniert, bekommt ihr eine Checkliste mit praktischen Tipps und Empfehlungen zum Akku-Handling zugeschickt. So bleiben eure Akkus länger fit und rutschen nicht in die Tiefentladung.

Falls ihr selbst akkubetriebene Geräte verkauft, könnt ihr die Empfehlungen aus dem Booklet gerne auch an eure Kunden weitergeben. So vermeidet ihr, dass die Akkus unsachgemäß behandelt werden und bekommt weniger Reklamationen, die eigentlich gar keine sind.

Meldet euch also am besten direkt über das Formularfeld unten an.

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