Elon Musks Vision auf dem Prüfstand: Kann das Elektroauto die Umwelt retten?
Kann das Elektroauto die Umwelt retten?
Als Visionär kann man sich viel vorstellen, die Frage ist, was am Ende tatsächlich dabei rauskommt. Ich möchte mir einmal genauer anschauen, inwieweit es Elon Musk geglückt ist, mit seinen Elektroautos von Tesla eine nachhaltige Transportmöglichkeit an den Start zu bringen.
Wenn Elon Musk eines ist, dann ist ganz sicher ein Visionär. Ich halte es tatsächlich für nicht ganz unwahrscheinlich, dass die Menschen in 500 Jahren Elon Musk für den einflussreichsten Menschen des gesamten 21. Jahrhunderts ansehen könnten.
In der Schule wurde er gemobbt und bis zur Bewusstlosigkeit geprügelt. Heute ist Elon Musk Milliardär und als einer der größten Visionäre unserer Zeit anerkannt.
Mit Tesla und SpaceX (und auch bei PayPal hatte er seine Finger im Spiel) ist Elon Musk in diesem Moment dabei, unsere Welt zu verändern. Dabei geht es Musk nicht in erster Linie darum, möglichst viel Geld zu machen und sich dann auf einer netten Privatinsel auf die faule Haut zu legen.
Er setzt sich selbst hohe Ziele und möchte die Welt zu einem besseren Ort machen. Mit den Tesla Elektroautos möchte er den Übergang zu einer nachhaltigen Mobilität beschleunigen, mit SpaceX im besten Fall auch noch das Überleben der Menschheit auf einem anderen Planeten sichern.
Bei einem Interview geht er sogar so weit zu sagen, dass es ihm nicht wichtig ist, ob Tesla als Unternehmen gewinnt oder ein anderer Hersteller für Elektroautos gewinnt, solange der Mensch als Sieger hervorgeht.
Ob Tesla die Zukunft ist und inwieweit das Elektroauto dabei hilft, die Umwelt zu retten, erzähle ich euch in einem Video. Wenn ihr gerade kein Video anschauen wollt, scrollt einfach ein wenig weiter runter und ihr findet alles – und ein wenig mehr – auch als Text.
Ich bin seit 15 Jahren aktiv in der Batterie-Welt unterwegs und kümmere ich mich heute hauptsächlich um tragbare Akkus für meine Kunden aus der Industrie, Gastronomie, Forschung und Medizintechnik. Vor über 10 Jahren war ich aber auch ziemlich aktiv im Bereich der Elektromobilität. Ich habe schon ein Golf 1-Cabrio elektrifiziert, einen Daimler-Diesel-Sprinter mit Lithium-Ionen-Akkus hybridisiert und daran gearbeitet, ein Elektro-Kleinfahrzeug aus China zu einem alltagstauglichen Fahrzeug zu machen.
Damals war ich völlig begeistert. Heute sehe die Sache mit den Elektrofahrzeugen zum Teil mit gemischten Gefühlen. Ich nehme Elon Musks Vision von der umweltfreundlichen Elektromobilität anhand von drei Aspekte unter die Lupe.
1. Der Treibstoff
Grundsätzlich kann der Strom für Elektroautos aus nachhaltigen Energiequellen wie Windkraft, Solar-Anlagen und Wasserkraft gewonnen werden. Laut dem aktuellen Strommix in Deutschland stammen aber immerhin noch immerhin knapp 30 % des erzeugten Stroms aus Steinkohle oder Braunkohle und „nur“ 46 % aus erneuerbaren Quellen. Je nachdem, mit welchem Strommix ein Elektrofahrzeug also aufgeladen wird, fährt ein Tesla derzeit durchaus zumindest zum Teil auch mit Energie aus fossilen Ressourcen.
In den nächsten Jahren wird sich hier natürlich einiges tun. Bis spätestens 2050 möchte man innerhalb der EU klimaneutral sein und das wird nur mit mehr Energie aus regenerativen Energien funktionieren. Der Treibstoff der Elektroautos wird also im Verlauf der nächsten Jahre immer grüner werden.
Schon heute kann man also mit einem Tesla quer durch Europa düsen und dabei keinen einzigen Liter Öl verbrauchen. Muss nur ein wenig darauf achten, woher der Strom kommt, der in die Batterie fließt. In Zukunft wird es aber auf jeden Fall immer nachhaltiger und ökologischer sein, mit dem Elektroauto mobil zu sein.
Der Treibstoff ist aber nicht alles, das bei der Öko-Bilanz eines E-Autos beachtet werden sollte. Ganz wichtig ist (Trommelwirbel)….
2. Die Fertigung
Der Akku und der ganze Rest
Schaut man nur an, was direkt auf der Straße passiert, ist die Ökobilanz eines E-Autos im Vergleich zu einem Benziner überragend. Immerhin kommen keine Abgase direkt aus dem Auto.
Je nach Produktion der Energie, die in der Batterie des Fahrzeugs gespeichert wird, fallen die Emissionen früher an und zwar dann, wenn Energie aus Kohle oder Erdgas gewonnen wird.
Insgesamt sieht die Ökobilanz eines Elektro-Autos bis zu diesem Punkt trotzdem ganz gut aus. Jetzt kommt aber der Hammer und das ist die Produktion der Batterie.
Für die Batterie eines Elektro-Autos braucht man unter anderem Lithium, Kobalt und Nickel. Diese Rohstoffe werden derzeit meist noch so abgebaut, dass die Förderung der Umwelt extrem schadet. Für den Abbau von Lithium wird in Chile beispielsweise extrem viel Wasser verdunstet, was zu einer Versalzung von ganzen Landstrichen führen könnte (eine umweltfreundlichere Alternative könnte ausgerechnet der Lithium-Abbau in Sachsen sein). Und auch ansonsten ist der Abbau von seltenen Erden ethisch häufig ziemlich fragwürdig. Man hört im Zusammenhang mit der Gewinnung von Rohstoffen wie Kobalt immer wieder von Kinderarbeit und insgesamt sind die Arbeitsbedingungen und der Schutz der Arbeiter oft katastrophal.
Auch die Herstellung des restlichen Autos benötigt natürlich eine Menge Ressourcen (das ist bei Elektro-Autos nicht anders als bei normalen Verbrennern). Besonders viel Energie wird für die Produktion von Stahl und Aluminium eingesetzt.
Ziemlich kontrovers: die Ökobilanz von Elektroautos
Bevor wir also nur einen Kilometer mit einem Auto gefahren sind, haben wir durch die Produktion schon einen „CO2-Rucksack“ von mindestens fünf Tonnen auf dem Rücken.
Gerade bei den großen und schweren Tesla Modellen Model S und Model X kommt der riesige Akku hinzu, der alleine schon 600 kg wiegt. Das ist so viel wie ein halber VW Polo. Der große Rohstoff-Einsatz und der Verarbeitungs-Aufwand bedeuten entsprechend große Energieverbräuche und damit CO2-Ausstöße, was sich auf der negativen Seite der Ökobilanz der Elektroautos niederschlägt. Darum ist es ja kein Wunder, dass das Elektroauto bei Berechnungen der Ökobilanz für die Produktion meist schlechter abschneidet als ein Auto mit Verbrennungsmotor.
Das schwedische Umwelt-Instituts IVL hat sich den CO2-Ausstoß von Verbrennern und Elektroautos inklusive der Produktion und Rohstoffgewinnung einmal genauer angeschaut und im Mai 2017 eine Studie dazu veröffentlicht. Das Ergebnis: selbst wenn ein Tesla immer mit klimaneutralem Strom betankt wird, braucht es ein ganzes Autoleben, um die schlechtere Ökobilanz bei der Produktion im Vergleich zum Verbrenner wieder aufzuholen.
Natürlich haben sich die E-Auto-Skeptiker und auch breite Teile der Presse auf diese Studie gestützt und sie als Aufhänger verwendet, um es so darzustellen, als wären Elektro-Autos im Grunde eher Umwelt-Killer statt Umwelt-Retter…
Elon Musk hat sich auf Twitter übrigens folgendermaßen zur Studie geäußert:
“Das als ahnungslos zu bezeichnen, wäre noch großzügig. Lithium-Ionen-Akkus brauchen viel weniger Energie, und die Gigafactory wird sowieso mit erneuerbaren Energien betrieben.“
Konkrete Zahlen liefert Musk zwar nicht, aber wenn man sich anschaut, wie seine Gigafactories aussehen sollen, sieht man sofort, was er meint (die tatsächliche Fabrik sieht dann allerdings (noch?) nicht ganz so schick aus).
Die Batterie-Fabriken sollen also komplett mit Photovoltaik-Anlagen überzogen werden, die übrigens von SolarCity, einem Tochterunternehmen von Tesla, kommen. Und auch auf den Hügeln in der Umgebung sollen Windparks entstehen.
Man kann Musk sicherlich nicht vorwerfen, dass die Ökobilanz der Produktion seiner Elektroautos in seiner Vision keine Rolle spielt.
Und auch die Schweden vom Umweltinstitut IVL sind inzwischen zurückgerudert. In einem Update ihrer Studie zur Ökobilanz von Elektrofahrzeugen aus dem Jahr 2019 kommen die Forscher zu einem deutlich positiveren Ergebnis, was die Ökobilanz von Elektroautos betrifft.
Inzwischen könnten die Akkus in großen Stückzahlen deutlich effizienter produziert werden und man hat die Möglichkeit einer Produktion mit Strom aus 100 % erneuerbarer Energie berücksichtigt (ungefähr so wie bei der Tesla Gigafactory). Außerdem wurde ein besseres Recycling mit einbezogen.
Elektroautos, die mit dem durchschnittlichen Strommix betrieben werden, haben nach aktuellem Stand einen leichten Vorteil bei der Ökobilanz. Fließt ausschließlich regenerative Energie in den Akku, ist das E-Auto inzwischen deutlich grüner.
Fazit: Man kann Tesla nicht unbedingt in einen Topf mit anderen Herstellern von Elektroautos werfen. Es stimmt zwar, dass Elektroautos im Vergleich zu Verbrennern mit einem größeren CO2-Rucksack starten, den sie im Verlauf ihrer Lebensdauer erst einmal wieder aufholen müssen. Elon Musk und Tesla haben von vorneherein daran gearbeitet, die CO2-Bilanz für die Herstellung ihrer Fahrzeuge möglichst klein zu halten.
Alles in allem ist es für mich logisch, dass am Anfang einer “relativ” neuen Technologie der Anspruch an die Nachhaltigkeit noch nicht voll erfüllt werden kann. Es ist wie bei den meisten Innovationen ein Prozess. Und inzwischen sieht es tatsächlich so aus, als wäre die Ökobilanz von Elektroautos dank eines optimierten Produktions- und Recycling-Prozesses inzwischen meist besser als die von Verbrennungsmotoren.
3. Die Lade-Infrastruktur
Es gibt ja schon knapp zwanzigtausend Ladestationen in Deutschland, um die Elektro-Fahrzeuge mit Energie zu betanken. Dennoch sehe ich große Probleme aufkommen, wenn in der Neubausiedlung bei allen Einfamilienhäusern um 18:00 Uhr der heimische Stromverbrauch kurzzeitig steigt, wenn gekocht, gewaschen, klimatisiert und was auch immer wird. Wenn dann noch 30 bis 50 Elektroautos in einer Straße gleichzeitig mit einem Schnell-Ladegerät vollgepumpt werden, könnte mich mir vorstellen, dass die Stromversorgung ganz schön in Stress kommt.
Gut, wir haben noch einige Jahre Zeit, bis die Elektroautos eine so weite Verbreitung haben werden. Es ist gut möglich, dass wir bis dahin eine Lösung finden. Helfen könnten zum Beispiel eine intelligente, zeitverzögerte Ladesteuerung der Fahrzeuge oder die dezentrale Speicherung von Energie in Haushaltsbatterien.
Also Elektroautos, oder was?
Insgesamt ist Elon Musk aus meiner Sicht auf einem guten Weg dabei, seine Vision von einer nachhaltigen elektrischen Mobilität zu verwirklichen. Ein bis heute nicht ganz geklärtes Problem, das mir ein wenig Sorgen macht, ist die Entsorgung der riesigen Batterien der Elektroautos.
Noch sind selbst die ersten verkauften Teslas in Betrieb. Wenn die Batterien aber massenweise das Ende ihrer Lebenszeit erreichen, könnte ein großes Umweltproblem auf uns zu kommen, das die Ökobilanz der Elektroautos vielleicht noch verhageln könnte.
Ich blicke daher sehr positiv auf die Entwicklung der Wasserstoff-Technologien. Klar, die Effizienz des Wasserstoffs haut Stand heute niemanden vom Hocker. Aber die Entwicklungsgelder, die in Asien dafür freigemacht werden, zeigen, dass hier einiges an Wettbewerb herrscht.
Auch hier bei uns in Deutschland geht es mit der Brennstoffzelle gut voran. Das zeigt David Wenger, ein Unternehmer-Freund unserer Firmengruppe. Er ist schon als absoluter Experte mit seinem Forschungs- und Entwicklungszentrum für Thermodynamik, Strömungsmechanik und Verfahrenstechnik bekannt und setzt sich jetzt sehr für die Weiterentwicklung der Brennstoffzellen ein. Aktuell kann er schon eine Wasserstoff-Tankstelle, einen Wasserstoff-Speicher und eine Power-to-Gas Anlage liefern.
Wenn es jetzt gelingt, die Effizienz der Brennstoffzelle noch ein wenig zu steigern und wenn man sie dann mit einem kleinen Lithium-Ionen-Akku kombiniert, der eben nicht 600 kg wiegt, weil er “nur” als Range-Extender dient, dann kommen wir dem (hybriden) Traum von einem nachhaltigen Verkehr- und Transportwesen sehr schnell nahe.
Ohne Elon Musk, der den Status quo davon, wie wir von A nach B kommen, seit 2008 ständig herausfordert, wären wir heute sicherlich noch nicht so weit auf dem Weg zu einer nachhaltigen Mobilität. Mir bleibt also nur noch zu sagen:
Danke Elon Musk für deine Visionen.
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