Zertifizierungen für Lithium-Ionen-Akkus. Was muss / kann / soll?!

Zertifizierungen für Lithium-Ionen-Akkus. Was muss / kann / soll?!

November 16, 2020 Akku-Wissen 0
Emblem mit einer Batterie und dem Schriftzug "Certified" vor einem lila Hintergrund

Sucht man im Internet nach Zertifizierungen und Regularien für einen Lithium-Ionen-Akku, stößt man auf Begriffe wie: UN38.3, IEC62133, UL, ROHS, WEEE, REACH, Batterie-Gesetz, Elektro-Gesetz, EM und so weiter.

Da ist die Verwirrung schnell groß, denn was benötigt man denn jetzt wirklich, um ein Produkt mit einem Akku in den Verkehr zu bringen? Wie groß ist der Aufwand für die einzelnen Zertifizierungen und wer kann bei dem ganzen Chaos an Vorschriften helfen?

Ich versuche, ein wenig Licht ins Dunkel zu bringen, erkläre, welche Tests und Zertifizierungen für einen Akkupack wirklich notwendig sind und welche Vorteile sie haben. Außerdem schauen wir uns gemeinsam die Kosten an und welcher Aufwand wirklich dahintersteht.

All das erzähle ich euch in einem Video. Oder ihr scrollt ein wenig weiter und findet alles auch in Textform.

Ich kümmere mich heutzutage hauptsächlich um die Entwicklung von individuellen Akku- und Batterielösungen für meine Kunden aus der Industrie.

Im Bereich Akkus und Batterien bin ich aber schon seit 2006 unterwegs und wurde damals gleich ins kalte Wasser geworfen. Zu der Zeit habe ich eine Anstellung bei einem ziemlich coolen Unternehmen bekommen und war für die Durchführungen der Tests und Zertifikate für unsere Kunden verantwortlich.

Deswegen habe ich mich ziemlich intensiv mit dem Thema Zertifizierungen, Tests und Regularien bei Akkus beschäftigt und habe Schulungen, Foren und Testlabore besucht. Damit ich Gefahrgut-Transporte nach Klasse 9 für lithiumhaltige Produkte durchführen kann, habe ich zu der Zeit sogar eine Prüfung abgelegt.

Ich will nicht sagen, dass ich mir auch heute noch alle Regularien, Vorschriften und Maßnahmen einfach so aus dem Ärmel schüttele. Denn es wird ständig an den sogenannten Handbüchern für die Zertifizierungen gearbeitet und es kommen immer wieder Änderungen und Anpassungen mit neuen Fassungen heraus. Die Grundkenntnisse teile ich aber gerne mit euch und meinen Kunden.

Die richtige Zertifizierung für einen Akku – immer wieder eine gute Frage

Vor ein paar Tagen hat mich ein neuerer Kunde angeschrieben und hat mir gleich seine Herausforderungen aufgelistet. Er ist der Entwickler des Unternehmens und ist bei seinem Entwicklungsprojekt zum ersten Mal mit einem Lithium-Polymer-Akku konfrontiert.

Die Fragen zum Akku, der aus einer Zelle, einer Schutzschaltung, Litzen und Stecker besteht und was er leisten muss, waren schnell aufgenommen und mit den Vorgaben konnte ich auch gut arbeiten.

Nur das Thema “Zertifizierung” war etwas heikler. Zwar hat sich der Kunde schon ein paar Informationen aus dem Internet zusammengesucht, aber da steht wahnsinnig viel über “muss”, “könnte” oder “sollte” geprüft und zertifiziert werden. Wenig Konkretes also, mit dem man Arbeiten könnte, um mit einem richtig zertifizierten Akku bzw. Produkt durchzustarten.

Ich mache es jetzt mal kurz und beginne mit dem UN38.3.

UN TRANSPORT TEST (UN38.3) – der muss!

Der UN TRANSPORT TEST (UN38.3) oder kurz UN38.3 ist seit 2003 für den sicheren Transport von lithiumhaltigen Zellen und Batterien vorgeschrieben.

Damit ein Lithium-Ionen-Akku den Vorgaben dieser Vorschrift entspricht, muss er 8 verschiedene Einzelprüfungen bestehen. Diese Tests sollen sicherstellen, dass der Akku auch mit etwas unangenehmeren Transportbedingungen klarkommt.

Die Einzelprüfungen sind:

  • Druck (Höhensimulation)
  • Temperatur
  • Schwingungen
  • Aufprall
  • Externer Kurzschluss
  • Schläge
  • Überladung
  • Erzwungene Entladung
Akkupack, der in einem Labor von Händen in blauen Einweghandschuhen gehalten wird
Nicht bei allen Tests für den UN38.3 wird ein Akkupack mit Samthandschuhen (bzw. Gummi-Einweghandschuhen) angefasst!

Dafür werden im Fall meines Kunden insgesamt 16 Prüflinge benötigt, die vor dem Test nach Vorgaben entladen und geladen werden müssen, um auch den Gebrauch zu simulieren.

Den UN38.3 Test MUSS mein neuer Kunde für den neuen Akkupack machen lassen und zwar auch, wenn die Einzelzelle schon einen Test besitzt und der Akkupack nur aus einer Zelle und einer kleinen Schutzschaltung besteht. Denn die elektrischen Parameter sind durch die Schutzschaltung neu und der Akku kann bei den Tests anders reagieren als die nackte Einzelzelle.

Der UN38.3 ist auch der einzige Test, der tatsächlich gesetzlich vorgeschrieben ist. Alle anderen sind, wenn das Produkt mit dem neuen Akku in Europa auf den Markt gebracht wird, streng genommen nur nice to have.

IEC62133 – für einen ruhigen Schlaf

Der IEC62133 ist für meine Kunden immer wieder ein wichtiges Thema. Im Grunde ist der IEC62133-2:2017 eine wichtige Sicherheitsnorm für wieder aufladbare Lithium-Ionen-Akkus. Damit ein Akku diese Norm erfüllt, muss er teilweise dieselben Tests wie beim UN38.3 durchlaufen. Darüber hinaus muss ein Akku aber noch durch ein paar zusätzliche Tests über sich ergehen lassen, etwa für interne Kurzschlüsse oder Dauerladen.

Der IEC62133 ist gesetzlich nicht vorgeschrieben. Mein Kunde möchte das Zertifikat aber trotzdem haben, einfach, weil es ein Beweis dafür ist, dass der Akkupack einen gewissen Grad an Sicherheit für ihn und seine Kunden bietet. Mit dem vorliegenden Prüfbericht hat er ein besseres Gefühl, wenn das Gerät auf den Markt kommt und kann auf jeden Fall ruhig schlafen.

Allerdings gilt: wenn IEC62133, dann richtig!

Inklusive dem sogenannten CB-Report und nach der neuesten Ausgabe 2017. Der CB-Report ist wichtig, um die Zulassung und den internationalen Handel mit elektrotechnischen Produkten zu vereinfachen. Denn auch hier kann es sein, dass Zertifizierungen für das Endgerät einen akkreditierten IEC-Test voraussetzen. Außerdem gibt es bei den durchführenden Labors Unterschiede. Es lohnt sich deswegen genau hinzuschauen und nicht das erstbeste oder günstigste Labor zu nehmen.

Ich habe mal so ein „zu günstig um wahr zu sein“-Labor ausprobiert. Was ich erlebt habe? Mehr dazu im nächsten Abschnitt 😉

Testlabor ist nicht gleich Testlabor

Bei den durchführenden Testlaboren sollte man unbedingt darauf achten, dass das Labor akkreditiert, also auch zertifiziert ist.

Ich habe mal ein paar Labore in China für den UN38.3 beauftragt. Total cool fand ich die Preise dort. Ein kompletter Test kostete nur 1.500 US-Dollar. Ein echtes Schnäppchen im Vergleich zu den 10.000 €, die man gut und gerne hier in Deutschland für diesen Test auf den Tisch legen muss.

Das Ergebnis war dann allerdings ziemlich ernüchternd. Ich habe die Prüfakkus ins Labor nach China geschickt, im Voraus die 1500 US-Dollar überwiesen und hatte schon wenige Tage später ein „positves“ Ergebnis, der Test war also „bestanden“.

Ihr merkt es schon an den Anführungszeichen: Das Ergebnis war ein Fake. Allein der Temperatur-Test dauert mindestens 5 Tage, es ist also gänzlich unmöglich, dass das Labor die Akkus wirklich getestet hat.

Also lieber ein akkreditiertes Labor beauftragen (das könnte übrigens durchaus auch in China sein), zwar sind da die Tests dann etwas teurer, aber ihr habt zum einen ein sauberes Ergebnis über die Sicherheit eurer Akkus und zum anderen könnt ihr einen Test aus einem akkreditierten Labor als Grundlage für nachfolgende Tests und Zertifizierungen benutzen, falls zum Beispiel später noch ein TÜV-Zertifikat oder Ähnliches für euren Akku wollt.

So viel Aufwand ist die Vorbereitung für die Akku- und Batterie-Tests

Nun zum Aufwand für die Tests: Die Prüflinge müssen im Vorfeld gezykelt, also entladen und geladen werden, um einen gewissen Gebrauch zu simulieren. Die Tests schreiben jeweils eine unterschiedliche Anzahl von Zyklen vor und das ganze muss natürlich auch sauber dokumentiert werden.

Für den IEC62133 ist es außerdem notwendig, dass die Bedienungsanleitung in englischer Sprache Sicherheitshinweise zur Benutzung des Akkus beinhaltet. Auch die Etikettierung des Akkus ist vorgegeben, also das, was auf dem Akku selbst zu stehen hat. Ein reger und stetiger Austausch mit dem Prüflabor steht also an der Tagesordnung.

Zertifikaten und Regularien kurz & knapp

Als Fazit nochmal in richtig kurz:

  • Der UN38.3 ist Pflicht. 
  • Der IEC62133 ist super, wenn man auf der sicheren Seite sein will und das Endgerät später zum Beispiel vom TÜV zertifiziert werden soll.
  • Das Prüflabor sollte akkreditiert sein.
  • Lieber jemanden damit beauftragen, der Erfahrung damit hat, das spart Zeit und Geld.

Akku-Entwicklung und Zertifizierung leicht gemacht

Neulich habe ich ein Angebot des TÜVs gesehen, in dem der UN38.3 und der IEC62133 für einen faustgroßen Lithium-Ionen-Akku angeboten wurde. Für knapp 30.000 Euro. Unfassbar!

Ich biete meinen Kunden natürlich auch die Durchführung dieser Tests an, und zwar bei dem Labor, das auch andere Labore akkreditiert. Und weil ich da schon so einige Aufträge platziert habe, bekomme ich entsprechende Preise und kann den TÜV ziemlich leicht aus dem Rennen schießen 😉

Wenn du also Unterstützung bei der Entwicklung und Zertifizierung eines Akkupacks brauchst, melde dich einfach mal bei mir. Das geht per Anruf (07151 959 30 22) oder Whatsapp oder du schreibst mir einfach eine Mail an info@accundu.de.

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